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Prof. Dr. h.c. mult. Karl Dedecius verstorben

Der Übersetzer polnischer Literatur und deutscher Schriftsteller ist am 26. Februar 2016 im Alter von 94 Jahren in Frankfurt am Main gestorben. Er gilt als bedeutendster Vermittler von polnischer Literatur in Deutschland.

In der polnischen Stadt Łódź aufgewachsen, wurde Dedecius infolge des Ausbruches des Zweiten Weltkrieges in die Wehrmacht eingezogen und kämpfte an der Ostfront. In der Schlacht von Stalingrad geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, in der er sich Kenntnisse der russischen Sprache aneignete und aus der er erst im Jahre 1950 entlassen wurde. Dedecius zog zuerst nach Weimar, bevor er 1952 in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte und dort die Arbeit in einer Versicherung aufnahm.

Im Jahre 1959 gab Dedecius die Anthologie Lektion der Stille, in der Beiträge junger, bis dahin eher unbekannter polnischer Lyriker zusammengetragen wurden, heraus. Derweil unterhielt er freundschaftliche Kontakte zu namhaften polnischen Schriftstellern wie Czesław Miłosz, Wisława Szymborska oder Tadeusz Różewicz. Seine Übersetzungen ihrer und anderer Werke fanden großen Anklang im deutschsprachigen Raum und fesselten darüber hinaus die internationale Aufmerksamkeit auf die Schöpfungen von Miłosz und Szymborska, die später den Nobelpreis für Literatur erhalten sollten.

Als die größte Leistung von Dedecius wird die Gründung des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt im Jahre 1980 erachtet. Das Institut verschrieb sich dem Kulturaustausch zwischen Deutschen und Polen sowie der Förderung der deutsch-polnischen Beziehungen im Rahmen der europäischen Integration. Das Deutsche Polen-Institut gilt in Deutschland aufgrund seines breiten Programmes als renommierteste Kultureinrichtung ihrer Art. Dedecius leitete das Institut bis 1997 als Direktor und veröffentlichte von dort die aus 50 Bänden bestehende Polnische Bibliothek wie auch das siebenbändige Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Zudem organisierte er Stipendien für polnische Intellektuelle und Studienreisen für Journalisten, Übersetzer und Verleger.

Das Wirken von Dedecius wurde mehrfach mit Auszeichnungen gewürdigt. Ihm wurden u. A. der Hessische Kulturpreis (1986), der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1990), der Orden des Weißen Adlers der Republik Polen (2003), der Bundesverdienstorden (2009) und der Deutsche Nationalpreis (2010) überreicht. Daneben wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Katholischen Universität zu Lublin, der Universität zu Łódź, der Jagiellonen-Universität zu Krakau und der Europa-Universität Viadrina zu Frankfurt (Oder) verliehen. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Polen-Institut vergibt die Robert Bosch Stiftung seit 2003 alljährlich den Karl Dedecius-Preis für polnische Übersetzer deutscher Literatur und deutsche Übersetzer polnischer Literatur.

Mit dem Tod von Karl Dedecius geht ein unermüdlicher Vermittler zwischen Deutschen und Polen verloren.

Film zur Person von Karl Dedecius: (gefördert aus Mitteln der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit)