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„Ein Blick zurück nach vorn”: Kunst und Kultur ermöglichen Jugendlichen individuelle Zugänge zu kulturellem Erbe

Eine deutsch-polnische Tagung in Warschau hat gezeigt, wie die Auseinandersetzung mit kulturellem Erbe Jugenkulturarbeit und -austausch bereichern und Perspektivwechsel ermöglichen kann.

Vom 22. bis 25. März 2012 hatten die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) und die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit (SdpZ) zur Fach- und Jahrestagung des deutsch-polnischen Netzwerks jugend.kultur.austausch nach Warschau eingeladen. Unter dem Motto „Ein Blick zurück nach vorn“ gaben Expert/innen aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Jugendkulturaustausch Antworten auf die Frage nach dem Stellenwert des kulturellen Erbes in Polen und in Deutschland und dessen Bedeutung in Jugendkultur und Kultureller Bildung.

Lutz Lienke, Vorstand der BKJ, hob die Chancen des Blicks über den nationalen Tellerrand mit Kunst und Kultur hervor: „In den vielfältigen Austauschmaßnahmen in und mit den Künsten zeigt sich immer wieder welches Potential die Kulturelle Bildung in internationalen Begegnungen hat, da sie Begegnungen mit allen Sinnen zulässt.“

Prof. Małgorzata Omilanowska, Staatssekreatärin im polnischen Ministerium für Kultur und Nationalerbe, unterstrich die Rolle des kulturellen Erbes und der historischen Bildung in internationalen Jugendbegegnungen im Hinblick auf gegenseitige Wertschätzung und Toleranz: „Durch den Blick des Nachbarn begreift und erfasst die Jugend den Reichtum des eigenen und des fremden Kulturerbes und lernt, das, was wertvoll und teilweise vergessen ist, neu kennen.“

Prof. Dr. Sławomir Ratajski, Generalsekretär der polnischen UNESCO-Kommission, betonte ebenfalls die Relevanz der Künste und ihrer äsethisch-kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten in internationalen Begegnungen: Sie ermöglichten einen Blick durch die Augen eines anderen, machten Vielfalt und kulturelles Erbe sichtbar und könnten so den Dialog zwischen den Kulturen anstoßen. Die Künste und die Kulturelle Bildung leisteten einen wichtigen Beitrag zur Öffnung der Gesellschaften und Bildung einer europäischen kulturellen Gemeinschaft.

Im Rahmen der Fachtagung zeigten unterschiedliche Jugendkulturprojekte mit Musik, Theater, Bildender Kunst und digitalen Medien anschaulich, dass Kulturerbe nicht zwangsläufig eingestaubt und langweilig sein muss und in welchen attraktiven Formaten es in die Kulturarbeit mit und von Jugendlichen einfließen kann. In Kattowitz hat sich beispielsweise eine Gruppe von Jugendlichen unter dem Titel „KATO“ zusammengeschlossen und lässt in vielfältigen Aktivitäten wie etwa Flashmobs und Facebook-Seiten unter dem Motto „I love KATO“ das kulturelle Erbe der 60er und 70er in Mode, Design und Architektur in neuem Licht wieder aufleben. Bei dem Projekt “MEMORIA – cross over arts“ begaben sich Jugendliche aus und in Deutschland, Polen und Peru gemeinsam auf Erkundungs- und Spurensuche an einem verlassenen Bahnhof und erarbei-ten davon ausgehend eine gemeinsame Theater- und Musikproduktion. Der verlassene Bahnhof mit seinen nutzlos gewor-denen Gleisen diente als Bild und Gefäß zugleich, um verschiedene – reale und imaginäre – Zugänge und persönliche Ein-tragungen an einem konkreten Ort zu vergegenwärtigen und künstlerisch zu reflektieren.

Die Mehrheit der vorgestellten Einrichtungen und Fachkräfte setzen bei den persönlichen Geschichten und Realitäten der Jugendlichen an und versuchen, davon ausgehend Kulturerbe gemeinschaftlich erlebbar und lebendig zu machen. Sie spannen bewusst einen weiten Bogen von der (kulturellen) Erinnerung bis zur (persönlichen) Zukunftsgestaltung.