Das Weinen der Seele – ein Bericht von Mariusz Bartodziej
„Wir müssen von dem Denken wegkommen, dass nur das existiert, was materiell ist“, sagte Paweł Krupa OP, Dominikaner bei seinem Vortrag „Wo wohnt die Seele und womit befasst sie sich?“ im Rahmen des Big Book Festival.
Das diesjährige Programm des Literaturfestivals beinhaltete eine Vortragsserie. Ein Teil dieser Vorträge, die sogenannten „Biologielektionen“ drehte sich um das Thema der menschlichen Existenz. Der Dominikaner Paweł Krupa OP befasste sich mit dem Begriff „Seele“.
„In allen Kulturen gibt es die Überzeugung, dass der Tod nicht endgültig ist. Das, was bleibt, wird in der polnischen Sprache als ,Geist‘ oder ,Seele‘ bezeichnet“, so Krupa. Er bezog sich auf die biblische Schöpfung des Menschen, dem das Leben eingehaucht wird, und auch auf die Überlegungen von Philosophen wie Platon und Aristoteles.
Zu Zeiten des Hl. Thomas von Aquin war Platons Ansicht den Christen nahe, bei dem Menschen seien drei Teile der Seele zu unterscheiden (die Vernunft, der Mut und die Begierde), und der Körper sei unwesentlich. „Doch Thomas von Aquin fragte sich, was es dann mit ihrer Einheit auf sich habe, und wenn die menschliche Natur unwichtig ist, warum hat Gott ihr dann einen Leib gegeben, und warum ist Christus auferstanden?“, so der Dominikaner. Der mittelalterliche Theologe sei zu dem Schluss gekommen, dass die Seele intellektuellen Charakter habe, das heißt, sie sei immateriell und somit notwendigerweise mit der Materie verbunden, welche sie durch den Menschen forme.
Die Seele ist für den Leib geschaffen
Wenn der Leib, im Gegensatz zur Seele, materiell ist, was passiert dann mit der Seele, wenn der Leib zerfällt? „Wir würden gern davon ausgehen, dass sie glücklich ist, weil sie endlich frei ist“, sagte Paweł Krupa und zitierte ein Gedicht „Die Seele entflog dem Leibe / stand auf einer Wiese / stand fest und weinte voller Wehmut“. Woher diese Reaktion? „Weil sie den Leib verloren hat, für den sie geschaffen ward“, erklärte Krupa. Deshalb würde sie nach dem Verlust ihres Partners auf seine Wiederauferstehung warten.
Der Dominikaner nannte noch Descartes Versuche, die Seele in der Epiphyse zu verorten und Dr. Duncan MacDougalls Versuche, ihr Gewicht zu ermitteln. Was immateriell sei, nehme keinen Raum ein und habe kein Gewicht. Um besser verstehen zu können, müsse man sich von dem Denken verabschieden, dass nur das existiert, was materiell ist.
Mariusz Bartodziej