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Gesprächskreis Polen über die aktuelle Situation der polnischen Kirche

„Die Katholische Kirche in Polen  – gespalten wie ihre Gläubigen?“

Dieser Frage widmeten sich die Teilnehmer des Gesprächskreises Polen, zu dem die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik am 16. September 2016 geladen hatten. 

Błażej Strzelczyk von der katholischen Wochenzeitung Tygodnik Powszechny aus Krakau, und der Publizist und Theologe Thomas Kycia (RBB, Funkhaus Europa) gaben einen Einblick in die aktuelle Situation der polnischen Kirche nach dem letzten Regierungswechsel und dem Besuch von Papst Franziskus bei den Weltjugendtagen im Juli diesen Jahres.

Beide Referenten verwiesen in ihren Impulsvorträgen auf die Bedeutung der Kirche bei der Lösung sozialer Fragen im Lande, auch auf die offene Haltung der jüngeren Bischöfe gegenüber einer Aufnahme von notleidenden Flüchtlingen. In einer zunehmend wahrnehmbaren „Kultur der Ausgrenzung“ auch in Polen, wäre es wünschenswert, Kirchenvertreter würden stärker als bislang nach den Grundsätzen der katholischen Soziallehre handeln.

Einig waren sich die Publizisten in der kritischen Beurteilung der offenbar engeren Verbindung der Kirche zur Politik, wobei dieses Bündnis bei strittigen Themen wie dem Abtreibungsverbot oder auch der Flüchtlingspolitik schnell wieder zerfallen könne. Um die Bedeutung der katholischen Kirche als Institution in Polen zu untermauern, wurden einige Vergleichszahlen angeführt: Während es in Deutschland 2015 nur 58 Priesteramtskandidaten gegeben hätte, seien es in Polen 748 gewesen.

Den Vorträgem folgte eine spannende Diskussion, in der u.a. auch der Einfluss der Medien auf die polnische Gesellschaft beleuchtet wurde, wobei die Referenten weniger den Sender „Radio Maria“ von Pater Rydzyk für problematisch erachteten, sondern vielmehr die vielen rechtsextremen Internetportale. Die Frage, ob die Kirche heute wieder eine versöhnende Rolle in einer gespaltenen Gesellschaft spielen könne, blieb am Ende unbeantwortet. Derzeit fehle es an Geistlichen vom Format Karol Wojtyłas, Kardinal Wyszynskis oder Kardinal Macharskis (jüngst verstorben), die die Gesellschaft einen, eine Mittlerfunktion übernehmen könnten.

Moderiert wurde die Sitzung von dem Vorsitzenden des Gesprächskreises und Ko-Vorsitzenden des Stiftungsrates der SdpZ, Markus Meckel.

Der Gesprächskreis Polen ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, die bereits auf eine lange Tradition zurückblickt. Die Reihe wendet sich insbesondere an Entscheidungsträger und Multiplikatoren aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, die mit hochkarätigen Experten aus Polen aktuelle und zukunftsrelevante Themen diskutieren. Jährlich finden vier Sitzungen im Haus der DGAP in Berlin statt.