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memoria. Freiwillige für Europas Kulturerbe

Ab dem 1. September 2008 nehmen  15 Jugendliche aus vier verschiedenen Ländern der Region Mittelosteuropa zusammen für ein Jahr lang am Projekt „memoria. Freiwillige für Europas Kulturerbe“ von der Stiftung für Europäische Verständigung in Kreisau (Krzyżowa) teil. Schon zum zweiten Mal wird das u.a. von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit geförderte Projekt durchgeführt.

Die diesjährigen Teilnehmer im Alter zwischen 18 und 26 Jahren stammen aus Deutschland (6 Teilnehmer), Polen (5), Ukraine (2) und Tschechien (2). Für ein Jahr lang werden sie in Niederschlesien (Polen), Brandenburg (Deutschland) und Böhmen (Tschechien) verschiedene Organisationen und Vereine unterstützen und in internationalen Arbeitsgruppen dabei helfen, europäische Kulturgüter wieder zu entdecken, zu pflegen und zu restaurieren. Darüber hinaus werden sie in Museen, Archiven, Ämtern und Gedenkstätten tätig sein und kleinere Projekte in Eigenregie durchführen.

Hauptziel des Projektes ist eine gemeinsame Auseinandersetzung mit Europas Kulturerbe und der historischen Entwicklung einer Kulturlandschaft zwischen drei Nationen. Durch die internationale Zusammenarbeit werden Fragen entstehen, die in der Gruppe diskutiert werden können: Welche Bedeutung haben Kulturdenkmäler für die Geschichte einer Region? Wie wird Geschichte geschrieben? Welche Bedeutung hat die Geschichte einer Region für das dortige Zusammenleben? Was muss/kann/soll bewahrt und erhalten werden? Was wird vergessen und warum wird es vergessen? Neben der Arbeit in den einzelnen Regionen, zu der auch die Durchführung eines eigenen Projektes gehört, treffen die Freiwilligen zu sechs einwöchigen Seminaren zum Thema Geschichte, Kulturerbe und Multikulturalität zusammen. Diese Treffen, die jeweils in einer anderen Region stattfinden, stellen den theoretischen Rahmen zu der praktischen Arbeit in den jeweiligen Einsatzgebieten dar. Die thematischen Schwerpunkte dieser Seminare umfassen z.B. die Geschichte des 20. Jahrhunderts und ihre Folgen für die Kulturlandschaft Niederschlesien oder die jüdischen und deutschen Kulturspuren in Niederschlesien und Nordböhmen. Des Weiteren wird den Freiwilligen bei diesen Seminaren die Gelegenheit gegeben, an verschiedenen Workshops teilzunehmen. So können sie beispielsweise praktische Fähigkeiten im Bereich der Restauration von Kulturdenkmälern sammeln, die auch für ihre eigenen Projekten, die sie in ihren jeweiligen Einsatzgebieten durchführen, von Vorteil sind. Neben diesen praktischen Fähigkeiten erhalten die Teilnehmer aber auch die einzigartige Gelegenheit, selbst Zeitzeugengespräche zu führen. Integraler Bestandteil eines jeden Seminars ist darüber hinaus die Erkundung des jeweiligen Seminarortes und der umliegenden Region. So gehören z.B. Stadtbesichtigungen oder Rallyes, Museumsbesichtigungen und Besuche von lokalen Kulturträgern und Organisationen zu jedem Seminar dazu. Dies gibt den Freiwilligen die Chance, drei verschiedene Regionen Mitteleuropas besser kennen zu lernen und die Gemeinsamkeiten und Überschneidungen, aber auch die Unterschiede zwischen ihnen zu erfahren.

Den Beginn des Projektes stellt ein zweiwöchiges Einführungsseminar in Kreisau (Krzyżowa) dar, bei dem sich alle Teilnehmer kennen lernen und sich auf die zukünftigen Aufgaben vorbereiten. Bei diesem Seminar erhält die Gruppe eine Einführung in die Problematik der europäischen Integration. Außerdem wird über die jeweiligen Einsatzländer informiert. Mögliche Regionen und Einsatzstellen können von den Freiwilligen besichtigt werden. Ein weiterer Aspekt des Einführungsseminars sind u.a. Workshops zur interkulturellen Kommunikation und zur Konfliktbewältigung in Gruppen. Teil dieses ersten Seminars ist darüber hinaus ein Einführungssprachkurs in der Sprache des jeweiligen Aufnahmelandes. Er wird in allen drei Ländern über die Dauer des Freiwilligendienstes fortgesetzt. Die Intensität des Kurses passt sich dem Sprachniveau der Teilnehmer und den organisatorischen sowie finanziellen Möglichkeiten der beteiligten Institutionen an. Auf diese Weise sollen die Projektteilnehmer aus den verschiedenen Ländern bestmöglich auf die ihnen bevorstehenden Aufgaben und mögliche Konfliktszenarien im Bereich der interkulturellen Zusammenarbeit vorbereitet werden. Im Anschluss an das Einführungsseminar wählt jeder Teilnehmer den eigenen Interessen entsprechend seine zukünftige Einsatzstelle aus. Die Art der Arbeit kann dabei stark variieren zwischen eher theoretisch ausgerichteten und eher praxisbezogenen Tätigkeiten. Am Ende des Einführungsseminars stehen die Freiwilligen dann, wie Alexander Mayer, Freiwilliger aus dem abgelaufenen Projektjahr 2007/2008, ausdrückt, vor der Wahl, ob sie lieber in einer größeren Stadt oder abgeschieden im Gebirge leben und arbeiten möchten.

Nachdem sie ihre Entscheidung getroffen haben, reisen die Freiwilligen dann allein in ihre zukünftigen Einsatzgebiete, wo sie in Museen, Archiven, Ämtern oder Gedenkstätten tätig sein werden und nebenbei die Kulturgüter der Region, wie z.B. jüdische Friedhöfe oder Gedenkstätten pflegen und darüber hinaus ihr eigenes Projekt durchführen. In diesen Projekten beschäftigen sich einzelne Teilnehmer und kleinere Arbeitsgruppen individuell mit der Kulturgeschichte der Region, in welcher sie das Jahr verbringen. Die Projekte können in Form von Foto- oder Filmdokumentationen, als Ausstellung, multimediale Präsentation, aber auch in Form von Bildungsprojekten für Kinder und Jugendliche in Museen und Gedenkstätten durchgeführt werden. In dieser Hinsicht sind Eigeninitiative und Kreativität der Freiwilligen gefragt und erwünscht.
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