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Das Objektiv auf Polen gerichtet – ein Bericht von Ola Olejnik

Solche Bilder kann jeder machen – sagte meine Freundin, als ich ihr die Fotos der Ausstellung Ich bin aus Polen zeigte.

Wojtek Wieteska eröffnete seine Ausstellung in der Lodzer Galerie Atlas Sztuki in einem T-Shirt mit der Aufschrift Jestem z Polski. I Am from Poland  (dt. Ich bin aus Polen). Diesen Titel trägt die Veranstaltung. Die Worte sind auch ein Bekenntnis. Das Geständnis von etwas Beschämenden oder Grund zu Stolz?

Wenn man dies an der Zahl der bei der Vernissage Anwesenden messen und ihr Kommen als Erklärung verstehen möchte: ich bin auch aus Polen, ich erkläre, dass wir uns scharenweise miteinander in der Schande solidarisieren, oder uns mit Stolz vereinen. Von der Ausstellung eingenommene, interessierte, in Diskussionen vertiefte Gäste. Manche sind elegant, andere sehen eher alternativ aus, mit einer Zigarette in der Hand. Menschen, völlig anders als die auf den Fotografien von Wieteska. Weniger niedergeschlagen, weltoffen.

Die präsentierten Fotos wurden in drei Kategorien eingeteilt, Sammlungen der Jahre: 1986-89, 1990-2003, 2004-2011. 25 Jahre polnischer Geschichte. Zeiten geprägt von Umbruch und großen Veränderungen. In jeder Kategorie fand ich Fotografien, die ein gemeinsames Motiv hatten: Erwartung. Zunächst schwarz-weiße Bilder der Jahre 1986-89. Man sieht auf ihnen Menschen, die in der Metzgerei „Sny“ (dt. Träume) Schlange stehen (1989). Eine hoffnungslose Aufstellung, berücksichtigt man die fast leeren Haken an der Wand. Und wohl das Warten darauf, dass sich die guten Träume erfüllen, von einem Polen mit vollen Ladenregalen.

Ein anderes Foto zeigt Menschen auf der Besucherterrasse des Warschauer Flughafens in Okęcie. Man sieht eine Frau mit einem unter dem Kinn zusammengebundenen Kopftuch. Ebenfalls grau, ebenfalls traurig. Es gibt die Terrasse, ein Flugzeug und Leute. Und die Entfernung, die sie vom Flugzeug trennt, die nicht zu überwinden ist und sie im sozialistischen Land festhält. 

Und dann das Bild aus dem Jahr 1986, das meine Aufmerksamkeit am meisten auf sich zog. Ich sah es und dachte an einen alten Menschen. Den es auf dem Foto nicht gibt. Nur seine Sachen, die auf der Fensterbank liegen, riefen diese Assoziation hervor. Vor dem Fenster lagen u.a. eine Brille, ein Rasierapparat, eine schwere Bürste, Plastikfläschchen. Dieses Foto schoss Wieteska im Haus seines Großvaters auf dem Land. Beim Betrachten des Bildes hatte ich gemischte Gefühle. Es war etwas Trauriges darin, etwas Demut gegenüber dem Schicksal und Zustimmung. Ich dachte, auf diesem schwarz-weißen Foto ist das ganze Hab und Gut dieses Mannes. Das Nötigste, das man mitnimmt, wenn man nur kurz Zeit zum Packen hat. Bedrückend, weil so bescheiden, weil auf dem Fensterbrett und nicht in einem schönen Schrank. Obwohl ich mich nicht an den ganzen Zeitraum erinnere, den die Bilder der Ausstellung widerspiegeln, kann ich mir vorstellen, was die auf ihnen verewigten Menschen fühlten. Als ich diese Fotografien betrachtete, wusste nicht nur, sondern fühlte auch ich, dass ich aus Polen bin.

Nein, solche Bilder kann nicht jeder machen.

Ein Bericht von Ola Olejnik

Übersetzung: I. Feld