Deutsche und Polen im Dialog, eine Aussicht auf verschiedene Ansichten - Gastbeitrag von Dominik Schulz
Ein Gastbesuch bei der Seminarwoche „Deutsche und Polen im Dialog: 10 Jahre EU-Osterweiterung – Rück- und Ausblicke“, veranstaltet von der Gesellschaft für Politische Bildung e.V. in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung Warschau und dem Angelus Silesius Haus Wroclaw.
Der erste Programmpunkt war verzeichnet als „Die Arbeit der Deutschen Botschaft in Warschau. 10 Jahre EU-Osterweiterung: Rück- und Ausblicke aus Sicht der Deutschen Botschaft“. Der Referent Norman Schulz, Sekretär des Leiters des politischen Referats der Botschaft, führte die Gruppe zunächst in Arbeit der Auslandsvertretung ein. Bei der Einführung gab es, neben dem Vortrag über die profanen Aufgaben einer Botschaft (eine wurde komischerweise als „Augen und Ohren“ der deutschen Regierung formuliert; das politisch versierte Publikum kam, in Zeiten von NSA und Abhörskandal, nicht um einen Lacher herum) allerhand interessante Informationen zu Besonderheiten der Deutschen Botschaft in Polen, wie dem Verbund der Residenz (dem Wohnsitz des Botschafters) mit der Kanzlei (dem eigentlichen Botschaftsgebäude), was für Botschaften eher untypisch ist.
In der anschließenden Diskussions- und Fragerunde wurden dann allerlei verschiedene Themen angestoßen, beispielsweise wurde der Sternsingersegen als deutsches Brauchtum erörtert. Lediglich angestoßen wurde der eigentliche Programmpunkt, die 10 Jahre der Osterweiterung aus Sicht der Botschaft. Am hitzigsten diskutiert wurde die Ukrainekrise und die Rolle Russlands. Schließlich konnte die Moderation die emsigen Diskutanten daran erinnern, dass dieses Themengebiet für den Folgetag vorgesehen war.
Der nächste Termin versprach also ein interessantes Programm. Neben der Aufarbeitung der Europawahl vom September 2014 lauteten die nachfolgenden Themen: „Brennpunkt Ukraine: Was folgt dem Umsturz?“ und „Die Beziehungen Europäische Union – Russland: Rückblicke und denkbare Ausblicke“.
Das Auseinandersetzen mit der Wahl des EP sorgte für einen regen Austausch zwischen den deutschen und den polnischen Teilnehmern. Zum einen wurde die relative Stärke der Grünen innerhalb der deutschen Parteienlandschaft erörtert, oder auch Ursachen für das Gefälle bei den Wahlen in Polen zwischen der PO und PiS in West- und Ostpolen.
Spannend erwartet wurde dann der erste Vortrag zur Ukrainekrise, eingeleitet durch die Einschätzungen von Bartosz Kramek von der Stiftung Offener Dialog mit anschließender Diskussionsrunde. Seine Einschätzungen deckten sich Großteils mit Forderungen vieler Politiker des Westens, verstärkt durch den Abschuss des Linienfliegers der Malaysia Airlines: Stärke Sanktionen in Richtung Moskau, als Zeichen eines geschlossenen Protests gegen die Politik Putins als Strippenzieher in der Ostukraine und verstärktes Vorgehen gegen Separatisten vor Ort.
Richtig interessant wurde es dann als Marcin Domagala die Beziehungen der EU zu Russland aus Sicht der Geopolitik erklärte. Als Imperien mit anderen Wertvorstellungen, die aber durch ihren Handel, ihre Geschichte, Kultur und auch der geografischen Nähe, miteinander verbunden sind. „Zwei Liebende, die im Streit mit Tellern schmeißen. Wenn sie sich aber an die Gurgel gehen, verlieren beide alles, während die Imperien China und die USA davon profitieren“.
Bei diesem Vortrag wurde der Ukrainekonflikt außen vor gelassen. Der Fokus lag beim Konkurrieren der großen Systeme, der Imperien, und die Frage wurde aufgeworfen, welche Beziehungen die EU mit dem großen Nachbarn haben will und wie die langfristigen Perspektiven für die Welt aussehen könnten. Für eine anschließende Diskussionsrunde blieb dann nur wenig Zeit, die Einschätzung dass die Ukraine in ihrer jetzigen Form die Krise nicht überdauern könnte, sorgte dann aber noch im Kleinen für viel Diskussionsbedarf.
Dominik Schulz