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Schwarz-Weiß und in Farbe – Das Dokumentarfilmlabor. Ein Bericht von Mateusz Tofilski

Ende Mai, Anfang Juni fanden in Krakau im Rahmen des 57. Krakauer Filmfestivals ein Koproduktionsmarkt und Pitchings von DOC LAB POLAND statt. Hierbei handelt es sich um eines der wichtigsten Ereignisse in der Dokumentarfilmbranche in Polen. Im Rahmen von DOCS TO GO! können Regisseure, Cutter und Produzenten ausländischen Gästen ihre Werke in der fortgeschrittenen Montagephase zeigen.

DOC LAB POLAND ist ein Projekt, das entstanden ist, um polnischen Dokumentarfilmern und Filmschaffenden sowohl die künstlerische Konsultation als auch die Unterstützung von Produzenten zu ermöglichen. Workshops, Diskussionen, Präsentationen und individuelle Gespräche sollen den Autoren Zusammenarbeit, Koproduktion, die Promotion von Filmen auf Festivals und ihren Vertrieb erleichtern. Das Projekt besteht aus zwei Elementen: aus DOC LAB START, in dessen Rahmen an Filmen gearbeitet wird, die sich in einer frühen Entstehungsphase befinden, und aus DOC LAB GO!, wo von ersten Versionen bereits geschnittener Dokumentarfilme gesprochen werden kann.

Produktionsqualität und Promotion

In Polen entstehen schon immer viele Dokumentarfilme. Bekannt ist sowohl die Tradition, die mit der „alten Dokumentarfilmschule“ und Namen wie Kieślowski, Munk und Łoziński assoziiert wird, als auch der Blick der jungen Generation, der heute in Filmkreisen auf der ganzen Welt hoch geschätzt wird. Davon zeugt die Tatsache, dass einer von DOC LAB POLANDs Partnern DOK Leipzig ist, sprich das wichtigste Dokumentarfilmfestival in Deutschland, das regelmäßig Werke polnischer Künstler zeigt. Doch der Erfolg von Produktionen besteht in der Verbindung des künstlerischen Anspruches mit der Promotion und der Nutzung des Vertriebspotenzials. Daher die bedeutende Rolle von sogenannten Pitchings, das heißt einfach von öffentlichen Vorführungen von Filmen, die sich noch in der Entstehung befinden.

Während DOCS TO GO! (einem Pitching der Sektion DOC LAB GO!) wurden acht Dokumentarfilme gezeigt, die sich in verschiedenen finalen Phasen befanden und hinsichtlich finanzieller Mittel und Promotion unterschiedliche Bedürfnisse hatten. Regisseur oder Produzent zeigten wenige Minuten lange Präsentationen, die Filmausschnitte, eine kurze Beschreibung der Filmidee und die Handlung beinhalteten und beschrieben, was für den Abschluss des Projektes noch gebraucht wird. Nach dem Pitching fanden zuvor geplante individuelle Gespräche der Künstler mit Vertretern ausländischer Festivals und Agenten für Verkauf und Vertrieb statt. Auf diese Weise sollte die gesamte Veranstaltung einen Raum schaffen, der das Knüpfen von Kontakten begünstigt, die den Abschluss und die Promotion des Projektes vereinfachen, sowie für offene Diskussionen über konkrete künstlerische Lösungen.

Dokumentarfilm, das heißt ein spannender Film

Das Pitching hat die These bestätigt, dass der polnische Dokumentarfilm gut in Form ist. Unter anderem wurde die Geschichte von zwei achtzigjährigen Seglern gezeigt, die damit konfrontiert sind, dass ihre Gesundheit und ihre physische Kraft es ihnen nicht mehr gestatten, ihre Leidenschaft weiter zu betreiben. Eine Geschichte über eine Geigerin, eine Einwanderin aus Belarus, ein Dokumentarfilm mit Thrillercharakter über den geheimnisvollen Einfluss des Föhnwindes auf den Menschen, und auch eine künstlerische Beschreibung von „krzyżoki“, dem Osterreiten, einem Brauch, der in Polen auf dem Lande praktiziert wird. Obwohl sie ganz unterschiedlich sind, konzentrieren sich alle Filme – so wie es sich für einen guten Dokumentarfilm gehört – auf die Hauptfigur und seine Geschichte, auf die Geschichte über unsere gemeinsame, intersubjektive Welt, die anhand der subjektiven Erfahrungen eines Individuums erzählt wird. Adam Ślesicki, Leiter von DOC LAB POLAND, sagte in einem Interview, das Katarzyna Karpińska für die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit führte, ein Dokumentarfilm müsse nicht aus stereotypen „talking heads“ bestehen, und sollte auch nicht mit folgenden Worten zusammenfassbar sein: traurig, schwarz-weiß und verquasselt. Im Kinosaal kamen beim Ansehen der Ausschnitte aus verschiedenen Filmen Appetit auf mehr und der Wunsch auf, die ganze Geschichte kennenzulernen. Von den drei Punkten, die Adam Ślesicki genannt hatte, kam lediglich „schwarz-weiß“ vor, und das auch nur in Einzelfällen.

Im Rahmen des 57. Krakauer Filmfestivals fand außerdem der Koproduktionsmarkt statt, auf dem Vertreter polnischer und ausländischer Produzenten ihre Dokumentarfilmprojekte präsentierten. Für DOC LAB START und DOC LAB GO! war die Krakauer Veranstaltung bereits das zweite Zusammentreffen in diesem Jahr, bei der Künstler an ihren Produktionen arbeiten könnten. Das dritte, die Warschauer Session, ist für den Oktober dieses Jahres geplant.

Mateusz Tofilski