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Welche Sprache wird im Ausland gebraucht? – ein Bericht von Iza Pierzchała

Den Empfängern Wahrheit zu vermitteln, ist die grundlegende Aufgabe aller Medien, und zwar unverändert seit der Entstehung der ersten Zeitung. Doch in einer Zeit, da Informationen allgemein zugänglich sind und auf dem Medienmarkt enorme Konkurrenz herrscht, wird diese Aufgabe immer schwieriger und nimmt die Form eines Krieges um News an. Wie definieren Medien im Ausland unter diesen Bedingungen ihre Arbeitsstrategie?

Öffentliche Sender, die außerhalb ihres Vaterlandes publizieren, haben beim Entwickeln ihrer Arbeitsstrategie mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sie müssen der journalistischen Ethik gerecht werden und gleichzeitig dem Interesse der Empfänger entsprechen, ihre Berichterstattung an die Adressaten anpassen und zudem ihre grundlegende Mission erfüllen, das heißt gemäß der Staatsräson des Landes, aus dem gesendet wird, arbeiten. Wie kommen Sender im Ausland in der Praxis zurecht? Folgende Schlussfolgerungen ergaben sich aus der Diskussion „Mediale Strategien von Staaten im Ausland in Zeiten politischer Herausforderungen für Europa“, die von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit veranstaltet wurde.

Die deutsche Strategie

Ein deutscher Sender im Ausland ist die Deutsche Welle. Sie sendet in 30 Sprachen, und zwar über verschiedene Kanäle: Internet, Fernsehen und Radio. Dadurch erreicht der Sender wöchentlich 135 Millionen Empfänger, von denen lediglich 0,5 Prozent die deutsche Version dieses Pressedienstes nutzen. Diese Daten decken eines der Hauptprobleme auf, mit denen sich die öffentlichen Medien im Ausland herumschlagen müssen, nämlich mit der Wahl ihrer hauptsächlich gebrauchten Sprache. Für die Deutsche Welle ist die Entscheidung über die Erweiterung ihres Sprachangebotes nicht nur ein Werkzeug, um mehr Empfänger zu erreichen, sondern auch, um Menschen zu erreichen, die potenziell daran interessiert sind, die deutsche Sprache zu erlernen. Das Internetportal der Deutschen Welle bietet auch Bildungsmaterial für den Spracherwerb an.

Anders als viele nationale Sender bekommt die Deutsche Welle Zuschüsse aus dem Haushalt des Bundestages, und nicht etwa vom Auswärtigen Amt. Der Direktor der Deutsche Welle, Peter Limbourg, sieht diese Situation als besonders vorteilhaft, weil das Medium dadurch nicht unter dem Einfluss einer regierenden Partei stehe, und dank dessen „eine kulturelle und politische Brücke“ zwischen den Deutschen und dem Rest der Welt sein könne. Daraus folge, dass sie das im Gesetz zur Deutschen Welle verankerte Prinzip der Sorge um das Image Deutschlands als Volk, das von der europäischen Kultur geformt ist, und als demokratischer Rechtsstaat realisiere. Die Unabhängigkeit vom Staat und von politischen Sympathien der miteinander auf dem Verlagsmarkt konkurrierenden Medien sei, so Medienwissenschaftler Prof. Karl-Eberhard Hain, die grundlegende Kraft der Deutschen Welle. Als apolitischer Sender könne die Deutsche Welle auf seriöse und vielseitige Weise die Meinung aller gesellschaftlichen Kräfte wiedergeben und dank dessen eine Plattform für eine offene Diskussion bilden.

Dem deutschen Sender bleiben jedoch Vorwürfe bezüglich politischer Dienstfertigkeit nicht erspart, weil er vom öffentlichen Haushalt finanziert wird, und im Vorstand auch Vertreter des Bundestages sitzen. Diese Vorwürfe resultierten laut Peter Limbourg aus dem begrenzten Vertrauen gegenüber Sendern und „der Medienfreiheit, die als organisatorisches Problem wahrgenommen wird“, das alle meinungsbildenden Medien betreffe.

Polnische Erfahrungen

Der einzige polnische Sender, der im Ausland funktioniert, ist der Fernsehsender Belsat TV, zu empfangen auf dem Terrain von Belarus. Belsat TV weicht von dem deutschen Modell ab, denn es erfüllt andere Aufgaben als die Deutsche Welle. Das Hauptziel des polnischen Auslandssenders ist die Verbreitung von Demokratie unter den Bedingungen der autoritären Politik der Belarussischen Regierung. Die von polnischen Journalisten erstellten Sendungen entsprechen den Bedürfnissen der Belarussen, die im nationalen öffentlichen Fernsehen begrenzten Zugang zu zuverlässigen Informationen haben.

Agnieszka Romaszewska-Guzy, Direktorin von Belsat TV, sagte, dass die Entscheidung über das Profil des Mediums aus einem Verantwortungsgefühl und dem Bedürfnis, eine Alternative für die nationalen Propagandamedien zu bieten, entstanden sei. Vom Ausmaß des Problems mit der Medienfreiheit in Belarus zeugt der Bericht zur Pressefreiheit (Raport Wolności Prasy) aus dem vergangenen Jahr, in deren Auflistung Belarus sich erst auf dem 157 Platz von 180 untersuchten Staaten befindet. Laut der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ stellt das belarussische Regime keine Akkreditierungen für Journalisten ausländischer Medien aus, es komme auch zu Einschüchterungen von Reportern, wie auch zu Festnahmen für Berichterstattung. Die letzten Massenfestnahmen von Journalisten hatte es am 24. März 2017 nach Demonstrationen gegeben, auf denen wegen der neuen Besteuerung gegen die Regierung protestiert wurde. Damals wurden über 100 Journalisten festgenommen, die über den Verlauf der Proteste in verschiedenen Teilen des Landes berichteten.

Eine ebenso bedeutende Frage, die die Strategie von Belsat TV weiterführt, war die Entscheidung für die führende Sprache zwischen Russisch und Belarussisch. Man hat sich für Belarussisch entschieden, obwohl es in hohem Grade die Gruppe der Abnehmer für das Medium einschränkt. Diese Entscheidung gestattete es, die Kohärenz mit dem strategischen Hauptziel aufrecht zu erhalten, das die Verbreitung von Demokratie im Land ist.

Auch die Entscheidung für das Fernsehen als Hauptträger der Informationen ist seiner breiten Zugänglichkeit geschuldet. Seit einigen Jahren greift Belsat TV nach anderen Medien, um für alle Bürger von Belarus eine attraktive Informationsquelle zu sein. Großer Beliebtheit unter belarussischen Intellektuellen erfreut sich die Fanpage des Senders auf Facebook, wo die neuesten Informationen in Echtzeit gesendet werden.

Polen und Deutschland

Der Arbeitsbereich der Deutschen Welle ist zweifelsohne größer als der von Belsat TV. Polen besitzt keine schlüssige Strategie für Auslandsmedien, was laut dem Vizedirektor von Polskie Radio Mariusz Staniszewski aus dem „Fehlen von Ideen und Ambitionen für die Gestaltung von Bewusstsein und Ansichten“ herrührt. Die polnische Stimme werde im Ausland „aufgrund ihrer Vorhersehbarkeit“ keine Abnehmer finden. Aus diesem Grund sei es eine Lösung, Auslandsmedien in Zusammenarbeit mit anderen Staaten zu entwickeln, beispielsweise mit den Mitgliedern der Visegrád-Gruppe. Seit Januar 2017 läuft über die Antennen des Radiosenders Jedynka eine Sendung, die gänzlich Themen gewidmet ist, die mit der Visegrád-Gruppe zusammenhängen. Ein ähnliches Format machen nationale Medien in Tschechien, in der Slowakei und in Ungarn.

Außer der Herangehensweise an die Gestaltung von Meinung in der Welt unterscheiden sich die polnische und deutsche Strategie für Auslandsmedien aufgrund der Höhe des ihnen zur Verfügung stehenden Budgets wesentlich voneinander. In Polen bewegten sich bis 2015 die finanziellen Mittel bei etwa 80 Millionen Złoty, die Deutsche Welle hingegen verfügt jährlich über 300 Millionen Euro. Dadurch ist das erzielte Ergebnis des deutschen Senders mit denen des polnischen nicht gleichzusetzen.

Iza Pierzchała