drucken
Kalendarium

Deutsch-Polnisches Universitätsseminar zu Auschwitz in Auschwitz

20 Juni 2013 - 25 Januar 2014 Halle, Passau, Oświęcim, Krakau, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätsplatz 10a, D-06108 Halle

Deutsch-Polnisches Universitätsseminar zu Auschwitz in Auschwitz WS 2013/2014

Mit Auschwitz verbindet sich weltweit die Erinnerung an eine der Hauptstätten des nationalsozialistischen Genozids. Im Frühjahr 1940 befahl der Reichsführer SS Heinrich Himmler die Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz am Rande der Stadt Oświęcim im besetzten Polen.

Das Stammlager Auschwitz I wurde Ende 1941 um das Lager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) erweitert, in dem ab Frühjahr 1942 bis zur Befreiung des Lagers durch sowjetische Truppen am 27. Januar 1945 hunderttausende von Menschen, vor allem Juden aus ganz Europa, vernichtet wurden. Zu dem mehr als 40 Außenlager umfassenden Komplex gehörte ab 1941 das auf dem Gelände der IG Farbenindustrie AG errichtete Lager Auschwitz III (Buna / Monowitz). Nach heutigen Schätzungen wurden in Auschwitz in der Zeit von 1940 bis 1945 wenigstens 1,35 Millionen Menschen ermordet. Das Morden von Auschwitz hat seine Vorgeschichte, die Vorgeschichte hat auch ihre juristischen Ausprägungen. Lange vor ihrer Tötung in Auschwitz begann in Deutschland die Ausgliederung, Enteignung und Verfolgung von Menschen, vor allem unter rassischen Gesichtspunkten. Von Anfang an ruhte dieser Prozess auch auf „Recht“ – Gesetzen, Verordnungen, Verfügungen, Urteilen und Bescheiden, gestaltet und getragen von juristisch ausgebildeten Verwaltungs- und Regierungsbeamten, Richtern und Universitätsprofessoren. Das an Studierende der Rechtswissenschaft, der Ethnologie, der Geschichtswissenschaft und der Politikwissenschaft gerichtete Seminar zu Auschwitz soll den spezifischen Zusammenhang zwischen Recht und „Endlösung“ deutlich machen. Auch im Hinblick auf die aus Auschwitz zu ziehenden Lehren kommt dem Recht, insbesondere den Grund- und Menschenrechten, aber auch dem Strafrecht und dem Völkerrecht, besondere Verantwortung zu. Darüber hinaus lassen sich die Erkenntnisse aus Auschwitz, ungeachtet ihrer historischen Singularität, durch die Bezugnahme auf das Konzept der „Transitional Justice“ in den globalen Zusammenhang des Übergangs von Konflikt- und Gewaltzuständen in Gesellschaften zu meinungsoffenen, demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnungen stellen. Damit lässt sich an rechtsanthropologische Erkenntnisse zur Bewältigung von Genozidfolgen auch in anderen Teilen der Welt anschließen.

Mit rund 45 Studierenden der Universitäten Halle und Passau werden die Professoren Armin Höland (Privatrecht) und Michael Kilian (öffentliches Recht) von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Werner Beulke (Strafrecht) von der Universität Passau am 20. Januar 2014 nach Oświęcim zu einer gemeinsamen Seminarwoche aufbrechen. Zu der deutschen Seminargruppe wird in Oświęcim Professor Andrzej Zoll (Strafrecht) von der Juristischen Fakultät der Jagiellonischen Universität Krakau zusammen mit Studierenden und Doktoranden stoßen. Ziel des internationalen Seminars ist es, deutsche und polnische Sichtweisen auf das Geschehen in dem größten Konzentrations- und Vernichtungslager des Nationalsozialismus mit den zu dieser Thematik in Polen geführten rechts- und kulturwissenschaftlichen Diskursen zu verbinden. Themenschwerpunkte der polnischen Beiträge werden die historische Dimension von Menschenrechten, die rechtliche Verarbeitung der so genannten Auschwitz-Lüge im polnischen Strafrecht sowie das Verhältnis des Verfassungs- und Strafrechts zu Er-scheinungsformen totalitärer Propaganda sein. Das Seminar wird in der am Rande des ehemaligen Lagergeländes gelegenen Internationalen Jugendbegegnungsstätte durchgeführt werden. Es wird von den Studierenden vorgetragene Referate zu historischen und aktuellen Fragestellungen zum Holocaust und zur Bedeutung von Auschwitz umfassen, Besichtigungen der Gedenkstätte, Film- und Tondokumente und Zeitzeugen-Gespräche.

Zur Einstimmung auf den Ort und die Themen und zur Bewältigung der großen Zahl von Referaten wurden am 20. Juni 2013 und werden am 23. Oktober 2013 sowie an dem Wochenende vom 10. bis 12. Januar 2014 Seminartermine an der Universität in Halle stattfinden. Neben Vorträgen und Diskussionen wird die Gelegenheit zu einem Zeitzeugengespräch mit Prof. Dr. Max Schwab, Halle, über seine Erfahrungen der 1930er und 1940er Jahre als jüdisches Kind in Halle und über die Deportation und Ermordung seines Vaters in Auschwitz geboten.

Zur Veranschaulichung und Ergänzung werden an allen Seminartagen Dokumentarfilme mit Bezug zum Thema gezeigt werden. Im Anschluss an das gemeinsame Seminar in Oświęcim und die Besichtigung der Gedenkstätte werden die Studierenden aus Halle und Passau am 24. und 25. Januar 2014 zwei abschließende Tage in Krakau verbringen, um die Jagiellonen-Universität kennenzulernen und die Gespräche mit polnischen Kommilitonen fortzusetzen. Zum Programm in Krakau werden voraussichtlich die Besichtigung der Stadt einschließlich des in Teilen wieder hergestellten jüdischen Viertels im Stadtteil Kazimierz sowie der Besuch des Museums „Schindlers Fabrik“ gehören.

Die Rückreise nach Halle und Passau ist für Samstag, den 25. Januar 2014, vorgesehen.