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Kalendarium

OPERCULUM - Looking for Heimat

15 Januar 2014 - 16 Januar 2014 18:00 Bytom, PAŃSTWOWA WYŻSZA SZKOŁA TEATRALNA w Krakowie WYDZIAŁ TEATRU TAŃCA ul. Piłsudskiego 24a 41-902 Bytom

EigenArten International OPERCULUM Looking for Heimat
Premiere: 19. Juli 2013, Akademietheater im Prinzregententheater, München

Ein Projekt von little:interference Agnieszka Bednarz, Kim Bormann, Joanna Chu/lek, Kasia Goca/l, Kasia Kania, Daniela Komed ̧ era, Jutta Kriegsmann, Krystian /Lyso ́n, Marco Michel, Aneta Orlik, Karol Pruciak, Anna Schweiger, Linda Sollacher, Piotr Wach, Joanna Wydra Musik: Juan Klaus Obermayer Maske: Katharina Siebers Produktionsassistenz: Gabriel Zschache Eine Kooperation der Bayerischen Theaterakademie August Everding mit dem Departement für Tanztheater der Staatlichen Hochschule für Theater (PWST) Ludwik Solski im Rahmen von EigenArten International im Zuge von E:UTSA.

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, des Adam-Mickiewicz-Instituts und der Adam-Stury-Stiftung.

Im Jahr 2011 begann die Zusammenarbeit zwischen fünf Studierenden der Bayerischen Theater- akademie August Everding und zehn Studierenden des Departements für Tanztheater in Bytom –– Teil der Staatlichen Hochschule für Theater Ludwik Solski in Krakau (PWST). Über den Verbund europäischer Theaterakademien E:UTSA kam es zum ersten Zusammentreffen von Studierenden der beiden Akademien und schließlich zum Bruno-Schulz-Projekt.

Der hieraus in der Reihe EigenArten International entstandene Abend „„Heimsuchung/Nawiedzenie““ wurde nach den Premieren in München und Bytom ins E-Werk Freiburg, zum Baltic House Theatre Festival 2012 nach St. Peters- burg und zum szem Festival nach Miskolc (Ungarn) eingeladen und im März 2013 mit dem Schlesischen Theaterpreis „„Die Goldene Maske““ ausgezeichnet. Heute hier, morgen dort. Rastlos, in einer Welt voller Möglichkeiten. Überall zu Hause, aber nirgendwo daheim. Wir verorten uns ständig neu und sind auf der Suche nach Sicherheit und Halt in unserem Leben als Neonomaden. Wo und wie können wir heute noch so etwas wie Heimat finden, fernab vom medial präsenten Heimatidyll? Heimat wird meist über Heimweh definiert. Was fehlt uns, wenn wir aus dem gewohnten Umfeld heraustreten –– Familie, Freunde, eine bestimmte Landschaft? Jahrhundertelang war Heimat ein sehr konkreter Begriff und unmittelbar mit dem Besitz von Haus und Hof verbunden. Mit der aufkommen- den Industrialisierung und dem damit entstehenden Verlust dieser Haltepunkte wandelte sich der Terminus in Deutschland zu einem Sehnsuchtsbegriff, zu einer Utopie. Besänftigung, Natur und das unveränderte Gleichmaß des Lebens wurden ihr Programm. Dieses bürgerliche Heimatidyll hält sich bis heute hartnäckig und wird gegenwärtig vor allem durch stereotype Behaglichkeit inszeniert. Heimat verkommt zum Unterhaltungsangebot. Zwar ist Heimat ein sehr deutscher Begriff, und in vielen Sprachen gibt es keine Entsprechung, doch das Phänomen existiert weltweit. In Zeiten der globalen Vernetzung hat das Verlangen nach Stabilität Hochkonjunktur. In der absolut unüberschaubar gewordenen Welt suchen Menschen nach einem Strohhalm, an den sie sich klammern können. Um nicht zu entwurzeln und fortgetrieben zu werden in die Weite –– ohne soziale Bindung, ohne Besitz, ohne Gewohnheit. Die Gegenwart, ein Schreckensbild dem es zu entfliehen gilt. Heimat als Flucht, ein bewährtes Rezept, bevorzugt in ideali- sierte Erinnerungen, in eine perfekte Welt. Um das Bewährte zu leben. Doch beständige Reglosigkeit als Ausgleich für verschreckte Weltenbürger führt zur Stagnation. Wir leben in einem Zwiespalt. Eine tiefe Verwurzelung tritt an gegen den unaufhörlichen Drang, das Vertraute hinter sich zu lassen. In dieser Situation kann Heimat ein Gefühl sein, losgelöst von Besitz und Überschaubarkeit. Die absolute Gewissheit im Hier und Jetzt verortet zu sein. Keine perfekte Welt, aber ein vollkommener Moment.

Die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk (*1962) verhandelt eben diesen Zwiespalt in ihren Romanen „„Taghaus, Nachthaus““ (1998) und „„Unrast““ (2008). Ihre organisch miteinander verwobenen Geschichten verhandeln über die gegenläufigen Pole: den sich ständig erneuernden Akt der Selbst- findung, der Verortung der Identität in der großen und kleinen Welt ohne in einer Kollektividentität zu verschwinden. Für „„Unrast““ wurde sie 2008 mit dem höchsten polnischen Literaturpreis NIKE aus- gezeichnet. Tokarczuk verknüpft in diesem Buch das moderne Nomadentum mit jahrhundertealten Konzepten der Reise, die kein notwendiges Übel darstellen, sondern den metaphysischen Kern einer inneren Heimat bilden. In „„Taghaus, Nachthaus““ hingegen verbindet sie lokale Eingrenzung mit zeit- licher Entgrenzung. Die Geschichten, die ebenso von scheinbar unzerstörbarer Verwurzelung erzählen, wie auch von zaghaften Versuchen ein neues Heim zu finden, bewegen sich nicht chronologisch geordnet durch mehrere Jahrhunderte. Neben der Arbeit mit den Texten von Olga Tokarczuk fand eine mehrmonatige Recherchephase zum Thema Heimat statt, die unter lookingforheimat.wordpress.com festgehalten wurde.
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